Der Schneewittchentrail fand zum 4. Mal statt, und da es mir beim letzten Mal trotz der hammerharten Strecke doch viel Spaß gemacht hat, war ich zum 2. Mal dabei. 2015 war ich mit 11h02min flott unterwegs gewesen. Dieses Mal habe ich, als Kerstin mit der obligatorischen “Was meinst du, wie lange du brauchst?”-Frage kam, gleich eine 1h drauf gelegt und 12 Stunden angesagt. Aber auch das sollte nicht reichen 😉

Aufgebrochen sind wir bereits Freitag Vormittag um noch ein wenig Gronau und Alfeld plus Umgegend zu besuchen. Nachmittags dann in unserer Unterkunft in Hörsum, dem Start und Ziel des Laufes eingecheckt und, als Vorgeschmack auf die vielen Hügel am nächsten Tag, noch einen schönen und ausgiebigen Spaziergang auf dem Kammweg oberhalb von Hörsum gemacht. Mit der tiefstehenden Abendsonne und der klaren Luft ein toller Blick auf Hörsum. Abends dann die Henkersmahlzeit (ein üppiges Büffet) nebst Briefing durch den Racedirector, gemeinsam mit vielen der LäuferInnen im Hotel zur Eule in Hörsum.

Um 04:00Uhr morgens reißt mich dann der Wecker aus dem tiefsten Schlaf. Nicht meine Zeit. Da wir aber, im Gegensatz zu dem ein oder anderen Läufer, die abendliche Party zeitig verlassen haben, gelingt das Aufstehen doch einigermaßen.

Um 05:00Uhr Frühstück. Erst habe ich so gar keinen Hunger, aber dann passen doch 2 Brötchen, eine dicke Schale Müsli und zwei Joghurts in den Magen.Eine gute Grundlage kann ja nicht schaden.

Punkt 06:00Uhr  geht es dann nach einer Belehrung durch Michael mit “Sechs Uhr ist nicht wenn es irgendeine Atomuhr sagt, sondern wenn ich es sage!”, zunächst noch mit der Stirnlampe auf dem Kopf, los. Das Wetter ist zu Anfang noch etwas bescheiden. Nieselregen, Temperatur um 7°C und leichter Wind. Irgendwo zwischen Kilometer 10 und 20 haben mich endgültig alle anderen überholt. Hurra, Letzter! Aber ich genieße die herrliche Stille und den Nebel der teilweise auf den Kämmen hängt.

Irgendwie doch viel mehr Matsch als ich erwartet hatte. Die grobstolligen Trailschuhe waren eine gute Idee. Die ersten ca. 20km bis zum Verpflegungspunkt (VP) an der Winzenburg vergehen wie im Fluge. Dort angekommen  zeigt die Uhr  aber schon 2h40min.

Bei ca. Kilometer 30 laufen wir wieder in Hörsum, in der “Kommandozentrale” des Racedirectors, dem Frühstücksraum des Hotels zur Eule ein. Der Racedirector versucht mich, als Letztem im 80’er Feld, zum Aufgeben zu überreden. Aber ich muss das leider ablehnen 😉 Der Nieselregen hat jetzt aufgehört und ich tausche lange Hose und langes Shirt gegen kurze Hose und Shirt. Die winddichte Jacke bleibt sicherheitshalber aber drüber.

14km bis zum nächsten VP. Das klingt easy, dauert aber, mit den vielen “lustigen” Steigungen zwischendrin, auch wieder fast zwei Stunden. Jetzt sind wir an der Adamishütte, welche von den 80’er zweimal angelaufen wird. Hier gibt es ein Lagerfeuer und sogar Bratwürstchen vom Grill. Aber dem Magen ist gerade überhaupt nicht nach Bratwurst. Ich futtere ein paar Kartoffeln und diverses Süßzeugs, fülle die Getränkevorräte auf und entledige mich der Windjacke. Mit der Sonne, die mittlerweile immer öfter durch die Wolken linst, ist es an den fiesen Steigungen in windstillen Ecken nämlich mittlerweile so warm, dass ich dort das Gefühl habe zu schmelzen. Der Frühling ist definitiv da!

Von der Adamishütte geht es jetzt auf eine 24.5km lange Schleife, im Norden um den Tafelberg herum. Wenn man hier bereits einmal mitgelaufen ist, weiß man, was jetzt kommt. Unendlich lange Steigungen und auch die fiese Steigung der Wettensener Schlei. Der Weg zum Tafelberg-Turm zieht sich wie Kaugummi. Auf dem letzten Anstieg zum Turm habe ich meinen Tiefpunkt. Ich leide in der Wärme, bzw. dem, was einem nach dem Winter eben so als Wärme vorkommt. Zum Glück fällt mir der Snickers ein, der noch irgendwo in einer Tasche des Rucksacks schlummert. Vom Schokoriegel wiederbelebt, komme ich irgendwann doch am Fuße des Turms an und bin erfreut, als sich der Fotograf oben auf dem Turm plötzlich als Kerstin, die ich eigentlich an der Adamishütte wähnte, zu erkennen gibt. Wir fotografieren uns gegenseitig und nach einem kleinem Plausch geht es hoch motiviert weiter. Von der letzten Teilnahme weiß ich nämlich noch, dass jetzt diverse gut laufbare Kilometer ohne Ernst zu nehmende  Steigungen kommen.

Gegen 17:15Uhr bin ich dann endlich wieder an der Adamishütte (2015 war ich da schon unter der Dusche). Kerstin trifft hier ziemlich zeitgleich mit mir ein. Es muss also irgendwo auch einen kürzeren Weg vom Tafelberg-Turm zur Adamishütte geben 😉 Nach Auffüllen der Getränkevorräte geht es auf die letzten 9 Kilometer. Mario versucht mir ernsthaft zu erklären, dass ich noch unter 12 Stunden bleiben kann. 9 Kilometer mit noch einigen schönen Steigungen und Matschpassagen in 45 Minuten!? Ich denke beim Laufen noch lange darüber nach, wie ich das schaffen sollte und komme dann irgendwann zu dem Schluss, dass Mario vermutlich meinte “unter 12 Stunden, wenn er mich im Auto nach Hörsum mitnimmt 😉 ” Aber den Gefallen wollte ich dem Racedirector dann doch nicht tun.

Nach 1h35min, also gut dem Doppelten der optimistischen 45 Minuten von Mario, komme ich dann zufrieden und erschöpft wieder in Hörsum an. Auf der letzten halben Stunde musste ich dieses Mal im Wald sogar noch wieder die Stirnlampe aus dem Rucksack kramen.

Nach 12h58min und 80.3km auf der Uhr als Vorletzter im Ziel. Oh ha. Das verschafft mir noch mehr Respekt vor meinen 11h02min auf dieser Strecke in 2015. 2h mehr, der Tribut an “älter geworden”, weniger “physical fitness” und diversen Kilos mehr Ballast am Hüftgürtel. Mit der Überlegung, dass von ca. 40 Startern auf der 80’er Strecke nur ungefähr 20 real ins Ziel gekommen sind, weil sie an der Adamishütte auf 53km verkürzt haben oder gar nicht erst angetreten sind, kann ich mir den vorletzten Platz aber doch noch schönreden 😉

Wie so häufig bleibt am Ende nur der Dank an Susanne, Michael, Silvia, Mario und alle anderen, zahlreich vorhandenen, mir jedoch namentlich nicht bekannten, helfenden Hände im Hintergrund, für diesen tollen Lauf. Ich komme gerne wieder …